Sonntag, 25. September 2011

Der Papst, die Religion und was daran schlecht ist

Ich hätte nicht gedacht, dass das passiert, aber der Papst-Besuch in Deutschland hat mich doch zum Nachdenken gebracht. Glaube, Religion, Gott und so weiter... Benny wäre vermutlich stolz und froh, wenn er das lesen würde. Er hätte sich zu früh gefreut: Mehr denn je bin ich gegen Religion, ja, ich stehe inzwischen noch mehr auf dem Standpunkt von Richard Dawkins, der einmal schrieb, dass organisierte Religion "offene Feindschaft" verdiene.

Man überlege nur einmal die Diskussion um Bennys Auftritt im Bundestag. Angeblich haben wir die Trennung von Kirche und Staat. Einen Religionsoberhaupt daher solche Aufmerksamkeit im Bundestag zu schenken kann, darf und soll man kritisieren. Was also tun die Rädelsführer im Bundestag? Sie machen aus Benny ein Staatsoberhaupt, und es sei doch eine Ehre, ein Staatsoberhaupt im Bundestag sprechen zu lassen! Weil: Vatikanstadt eigener Staat! Ich spreche jetzt nicht einmal davon, dass sich der Anspruch des Heiligen Stuhls auf irgendein geografisches Territorium letztlich auf die Konstantinische Schenkung bezieht, die nachweislich eine Fälschung des Heiligen Stuhls selbst war (und ehe jetzt einer was sagt: Ja, das wurde korrigiert, vierhundert Jahre später, und nun ist alles schick...). Nein, wir reden hier von einem Staat, der 1000 Einwohner und davon etwa 550 Staatsbürger hat! Diese Staatsbürgerschaft ist immer nur zeitweise verliehen, und wer immer sie inne hat, er behält auch immer die Staatsbürgerschaft, die er vorher ohnehin schon hatte. Die Vatikanstadt unterhält keinerlei diplomatische Beziehungen zu anderen Staaten und ist nicht Mitglied der Vereinten Nationen - und so was nennt man Staat? Und den darf man übrigens nicht verwechseln mit dem "Heiligen Stuhl", womit auf deutsch gesagt der Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche gemeint ist. Der Heilige Stuhl ist das völkerrechtliche Organ des Papstes - manchmal vom Papst selbst wahrgenommen, manchmal von Vertretern - und damit kein Staat, sondern ein Vertretungsorgan der Kirche! Oder anders ausgedrückt: Vor dem Bundestag hat kein Staatsoberhaupt gesprochen, sondern ein Kirchenfürst! Und wenn ich mir nun noch überlege, was das alles gekostet hat und wer das bezahlt... Das Volk bezahlt eine Rundreise eines Kirchenmannes!

Und dann habe ich mir wieder einmal überlegt, warum der Mann so wichtig für die Welt ist. Nun, er ist wichtig als Oberhaupt einer weltumspannenden Religion mit Millionen Gläubigen. Durchaus eine mächtige Position. Und worauf stützt sich diese Macht? Auf ein Buch! Auf ein Buch, von dem man in weiten Teilen nicht weiß, wer es wann unter welchen Umständen geschrieben hat! Theoretisch könnte es so sein, dass Kapitel und Bücher in der Bibel gibt, die Männer unter Drogeneinfluss geschrieben haben, oder weil sie andere veräppeln wollten. Moses will die zehn Gebote am Berg Sinai von Gott bekommen haben - steht in der Bibel. Aber erstens gibt es keine Zeugen, und zweitens trieb sich Moses vierzig Tage und Nächte auf dem Berg herum - da kann man viel Unsinn anstellen und meschugge werden...

Egal: Katholische Kirche wie auch jede andere Religion basiert doch darauf, dass es irgendwelche Schriften gibt, die zumeist in grauer Vorzeit entstanden sind, eine Menge Regeln und noch mehr Strafen enthalten - Bertrand Russell sagte so schön, Religion basiere auf Angst... - , und heute gibt es zumeist alte Männer, die mit Verweis auf jenes Buch die Wahrheit für sich gepachtet haben und danach handeln und richten. Und so einen Mann hofieren wir? Für was? Weil er ein altes Buch gelesen hat, ständig mit dem Finger drauf zeigt und sagt: So müssen wir's machen, und wer es nicht tut, ist schlecht? Mal ganz ehrlich: Wenn die Bibel vor 50 Jahren entstanden wäre, dann würde man es als Fantasy bezeichnen: Mit guten Ideen, aber saumäßig geschrieben.

Um es klar zu stellen: Ich habe nichts, NICHTS, gegen Glauben. Es kann jeder glauben, was er will. Und der Glaube an Jahwe, Manitu oder Baron Samedi ist nicht merkwürdiger, wahrer oder unwiderlegbarer als der Glaube ans Fliegende Spagettimonster oder an Russells Teekanne. Der Unterschied ist, dass die Anhänger der letzteren beiden nicht Kinder, die sich nicht wehren können, mit ihren Überzeugungen indoktrinieren, die Anhänger eines anderen Glaubens zu Feinden erklären, für sich selbst die einzige echte Wahrheit in Anspruch und diese jeden Sonntag predigen, allen anderen, die nicht dran glauben, mit ewiger Verdammnis und Seelenpein drohen und sich selbst immer wieder als moralischen Maßstab ansehen, an dem sich alle anderen richten müssen.

Ein gutes Leben zu führen hat nichts mit Religion zu tun. Wer behauptet, wir müssen uns mehr an die christlichen Traditionen des Abendlandes halten, meint damit sicherlich nicht Hexenverbrennungen, Inquisition und dergleichen mehr, sondern im Gegenteil eine ehtische Lebensweise zum Wohle seiner selbst und der Mitmenschen. Schön - das können die Buddhisten auch, und meiner Meinung nach besser. Und dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat, beweist im übrigen Bennys Rede im Bundestag selbst am besten. Zu aller Überraschung predigte er nicht, sondern hielt einen langweiligen Vortrag über die Pflichten der Politiker und so weiter. Diese Rede war damit zwar richtig und unzweifelhaft wahr und an der richtigen Adresse, aber auch nichts, was ein anderer nicht genau so richtig und vielleicht sogar besser gesagt hätte.

Ich finde es übrigens beschämend, dass man Politikern so etwas überhaupt sagen muss. Ich finde es noch beschämender, dass es Politiker gibt, die anschließend sagten, dass es eine wunderbare Rede war (warum? Weil ihnen gesagt wurde, was und wie sie es tun müssen? Wieso muss dann erst dieser alte Mann kommen?). Und am beschämendsten fand ich, wie sehr Wolfgang Thierse, ein Mann, den ich bis dahin achtete und bewunderte, die Richtigkeit des Auftrittes Bennys im Bundestag verteidigte und pries. Nun, meine Achtung ist dahin...

PS: Ich könnte hier noch sehr viel länger und mehr schreiben. Ich tue das nicht. Statt dessen verweise ich auf den schon erwähnten Bertrand Russell, der ein wunderbares Essay namens "Warum ich kein Christ bin" geschrieben hat. Besser geht's nicht... Zu lesen gibt es das hier (ein bisschen nach unten scrollen...)

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