Samstag, 13. Oktober 2012

Da hört der Spaß auf

Ich habe in dieser Woche einen Zeitungsartikel in einer der hiesigen Gazetten gelesen, der mich nachdenklich zurück ließ. Es war ein eigentlich simpler einfacher Artikel über ein Vereinsfest, eines der Sorte, womit neue Mitglieder geworben werden sollten. Es ging also auch darum zu zeigen, wie schon und toll doch der Verein, wie sehr Spaß das doch macht, hier mitzumischen, welche Bedeutung dieser Verein hat. Nun stelle ich normalerweise Vereine nicht in Frage. Sie sind wichtig, ehrenamtliche Betätigung hat seine Bedeutung, und wenn es nur die ist, dass die Mitglieder - Erwachsene wie Kinder - nicht einfach nur zu Hause rumsitzen oder anderen Unsinn anstellen, sondern sich einbringen und gemeinsam mit anderen für was auch immer engagieren.

Doch in diesem Fall habe ich ein ungutes Gefühl. Es war nämlich ein Schützenverein.

Ich habe, nun ja, ich will nicht sagen Probleme mit Waffen. Aber ich denke, dass jeder leichtfertiger Umgang damit fehl am Platze ist, dass sie mit Spaß, Spiel oder Sport - man sagt ja wohl Sportschützen - überhaupt nichts zu tun haben. Was ist am Schießen Sport? Wieso soll es Spaß machen? Das Problem ist nämlich, dass es eigentlich wirklich Spaß macht - und das ist eine sehr gefährliche Sache.

Ich habe als Kind - wie jeder Junge - Cowboy und Indianer gespielt und dabei mit Flitzebogen geschossen oder mit Platzpatronen-Pistolen geknallt. Später dann hatte ich auch richtige Waffen in der Hand, Luftgewehre, Kleinkaliber-Pistolen und -Gewehre. In meiner Armeezeit schließlich ballerte ich mit Kalaschnikows, Makarows und zu guter Letzt sogar mit einer 122-mm-Haubitze in der Gegend umher. Nicht mal oft, andere taten das öfter, aber es reichte, um einen gesunden Respekt vor Waffen zu entwickeln. Ehrlich gesagt hatten meine Vorgesetzten bei der Armee einen nicht unerheblichen Anteil daran mir einzubläuen, dass Waffen und Munition keine Spielzeuge, sondern sehr Ernst zu nehmende Dinge sind, die sehr gefährlich sind. Das setzte sich bei mir fest und hat unter anderem zu folgender fester Überzeugung geführt:

Eine Waffe gehört nicht in jedermanns Hände. Vor allem nicht in die Hände von Kindern. Waffen sind kreuzgefährliche Dinge, die schwer verletzen und töten können. Sie sind in meinen Augen keine Sport- und schon gar keine Spielgeräte. Eine Waffe sollte nur benutzt werden, wenn es wirklich sein muss. Damit wir uns richtig verstehen: Ich bin nicht der Meinung, dass alle Waffen auf den Schrott gehören. Leider werden sie gebraucht. Sie sollten aber nur von Leuten benutzt und getragen werden, die das wirklich tun müssen, und Sportschützen (ich hasse das Wort) gehören eben nicht dazu! Ich sehe einfach keinen Grund, warum Privatleute Waffen tragen und benutzen, ja sogar zu Hause aufbewahren sollten! Das würde - ich denke jetzt nicht nur an die Amokläufe - unsere Welt ein ganzes Stück sicherer machen.

Von daher stieß mich der erwähnte Zeitungsartikel, der auf einem Foto sogar eine Frau mittleren Alters in Pullover und Jogginghose zeigte, die eine Kleinkaliberpistole in James-Bond-Pose präsentierte, geradezu ab. Es spielte auch keine Rolle, dass in dem Artikel - natürlich - ausführlich erklärt wurde, wie sicher und vorsichtig die Leute doch mit Knarren und Bögen umgehen. Noch sicherer wäre es, man würde sie gar nicht erst benutzen oder gar zu Hause haben.

In diese Überlegung ziehe ich auch Jäger mit ein, wobei hier noch eine zusätzliche Sache dazu kommt, die mich auch abstößt. Ich kenne einige Jäger, manche sogar gut, und ich komme gut mit ihnen aus, solange wir nicht über die Jägerei reden. Es könnte passieren, dass ich dann mit meiner Meinung herausplatze und einen riesigen Streit entfachen würde. Ich rede dann einfach nicht mit oder wechsele das Thema. Aber mit Jägern habe ich ein riesiges Problem.

Jäger betonen gerne ihre Naturverbundenheit und die ökologische Rolle, die sie spielen. Das bestreite ich nicht einmal. Wir haben keine Raubtiere mehr in unserem Land, die die Populationen kontrollieren, und in der Stadt, in der ich früher lebte, gibt es Straßen, die man abends nicht mehr betreten sollte, wenn man nicht einer Rotte Wildschweine über den Weg laufen will. Die Rolle der Raubtiere übernehmen Jäger,  und das ist durchaus auch gut so. Aber: Eine gute Jagdwaffe kostet ein paar tausend Euro, für einen Jagdschein muss man auch eine vierstellige Summe hinblättern. Man braucht eine Versicherung, muss ein Jagdrevier pachten, dann auch für eventuelle Wildschäden etc. aufkommen und so weiter. Es ist also kein preiswertes Hobby.

Wenn also jemand eine ganze Menge Geld hinblättert, um jagen zu gehen, warum tut er das? Weil er so naturverbunden ist? Oder vielmehr, weil er Spaß am Töten hat? Ich nehme das zweite an, und bislang hat mir noch niemand das Gegenteil darlegen können. Den ökologischen Anspruch lasse ich nicht gelten, das kann nämlich auch anders geregelt werden, zum Beispiel über die Förster, die vom Staat bezahlt werden. Aber warum soll ein Förster etwas tun, was ein anderer machen will und dafür sogar noch viel Geld bezahlt? Wohlgemerkt: Kein Jäger MUSS jagen - sie WOLLEN es tun.

Solange sich also noch jemand findet, dem es Spaß macht, Rehe, Wildschweine oder Füchse zu schießen, sich die Geweihe an die Wand zu nageln und das Fleisch zum Verzehr zu verkaufen - nebenbei gesagt: ich gebe zu, dass ich ein gutes Wildschwein gerne esse - solange werden sich weiter "Naturliebhaber" die Flinten umhängen und in den Wäldern auf Hatz gehen, um möglicherweise niederen Instinkten zu frönen. Und dabei rede ich nicht einmal davon, dass noch mehr Waffen - die diesmal wirklich zum Töten da sind - im Umlauf sind.

Mir ist ja völlig klar, dass ich das nicht ändern kann. Kinder werden weiter beim Räuber- und Gendarm-Spiel durch die Gegend stromern und "Peng, Peng!" brüllen. Es wird auch weiter Jäger geben oder "Sportschützen". Das werde ich sicherlich nicht ändern können. Aber wenigstens sollte allen klar sein, dass die Gewehre und Pistolen schwer gefährlich sind und dass man nicht herum erzählen sollte, wie schön und toll doch der Umgang damit ist. Und vor allem - und von dieser Meinung bringt mich niemals jemand ab - gehören Waffen nicht in Privathaushalte, egal wie sehr sie gesichert sind. Es kann einfach viel zu viel passieren.

3 Kommentare:

RoM hat gesagt…

Waffen haben für mich lediglich eine Bedeutung im historischen Zusammenhang. Eine in Händen zu halten gehört nicht zu meinen Prioritäten im Leben.
Ich denke im Land der NRA würdest Du regelmäßig an die Decke gehen.

Nicht unwesentlich dürfte für Freizeitjäger der Aspekt eines Privilegiums sein. Immerhin war die Jagd in eher älteren Zeiten ein Privileg des Adels.

Unknown hat gesagt…

Die Schießwut der Amerikaner habe ich bewusst ausgelassen, wenngleich es mich gejuckt hat, das auch noch zu thematisieren. Nur wäre der Post dann noch länger geworden.

Allerdings halte ich mich in der Regel damit zurück, aus meiner kleinbürgerlich-deutschen Perspektive heraus Befindlichkeiten, Besonderheiten und Haltungen anderer Nationen und Kulturen zu bewerten. Ich habe dazu zwar oft eine Meinung, hinterfrage sie aber ebenso oft für mich selbst, ganz einfach, weil ich auch darüber nachdenke, WARUM dort, wo auch immer dort ist, so gedacht und gehandelt wird wie es geschieht. Das ist für mich aus meinem mitteleuropäischen Horizont heraus häufig genug schwer nachzuvollziehen und zu verstehen, muss man aber mit einbeziehen.

Schlüsselerlebnis in dieser Angelegenheit war ein Radiointerview, das ich im Vorfeld des 2. Irakkrieges mit einem Experten für US-amerikanische Lebensweise hörte, und dieser Experte war ausgerechnet Fernsehkasper Thomas Gottschalk. Lag aber nahe, immerhin lebt er in den Staaten. Und Gottschalk sagte auf die Frage, warum die Amis so bereitwillig in den Kampf an den Golf ziehen wollen, sinngemäß, dass sie das gar nicht tun würden, sondern im Gegenteil um diese Angelegenheit sehr engagiert gestritten hätten. Nur, einmal dazu entschlossen, würden sie das alle nach außen hin auch so vertreten, weil sie sich dann als eine Nation mit einem Ziel verstehen würden. Das würde man aber nur dann bemerken, wenn man - Obacht - sich auch einmal wirklich intensiv damit beschäftigt, warum sie so ticken und was zu dieser Einstellung führte.

Ich fand das sehr bemerkenswert und habe für mich in der Folgezeit selber festgestellt, dass mein Bild der Amerikaner in vielerlei Hinsicht von Vorurteilen, aus Filmen erzeugten Klischees und einer oberflächlichen Berichterstattung geprägt ist. Seitdem halte ich mich damit zurück, Amerikaner bzw. andere Nationen über einen Kamm zu scheren und mein Urteil vorschnell abzugeben.

Ihre laxe Einstellung zu Mordgeräten aller Art unter dem Kopfkissen oder im Nachttischschrank nehme ich davon allerdings ausdrücklich aus - da steht meine Meinung unverrückbar fest.

Unknown hat gesagt…

ok...ich hab die jäger immer als förster gesehn...da hatte ich wohl einen schweren denkfehler im gebälk.