Freitag, 17. Februar 2012

Wer hat Angst vorm bösen Wulff?

Eben gerade ruft mich ein Freund an, und sein erster Satz am Telefon lautete: "Jetzt hat's mich angeschissen!" Hab erst mal gar nicht verstanden, was los ist, und dann meinte er, dass der Bundespräsident zurückgetreten ist. Na klar, fiel es mir ein, der Gute hat ja eine Bütt beim Karneval, in der er über Wulff herzieht. Das geht jetzt alles nicht mehr so gut... Probleme haben auch die Karnevalisten im Rheinland, die für die Rosenmontagsumzüge viele schöne Wagen zum Thema gebastelt hatten. Angeblich haben die ja in ihr tägliches Abendgebet noch den Stoßseufzer: "...und lass ihn bitte erst nach Montag zurücktreten!" aufgenommen. Hat ja nun nicht geklappt.

Abgesehen davon ist die ganze Sache nicht zum Lachen. Immer haben wir über die Italiener und ihre wackligen Regierungen gespottet, dann über den zwar stabilen, aber ansonsten ziemlich dubiosen Berlusconi. So viel besser sind wir aber auch nicht. Der eine Bundespräsident tritt zurück, weil ihm Kritik zu viel wurde, der andere, weil er gemauschelt hat und dann dachte, er könne das vertuschen, verschleiern und notfalls mit Anrufen bei der Presse gerade rücken. Statt dessen drohte ihm - einmalig in der Geschichte des Landes - die Aufhebung der Immunität, um strafrechtliche Vorwürfe zu klären. Das muss man sich mal vorstellen: Wir haben einen Bundespräsidenten, der offenbar so viel Dreck am Stecken hat, dass Staatsanwälte wegen Straftaten gegen ihn ermitteln und ihm die Immunität, die ihn normalerweise über alles erhebt, entzogen werden könnte.

Eben gerade sagte Angela Merkel über Wulf, er habe das Amt "würdig vertreten". Ach ja? Da frage ich mich doch, welche Maßstäbe an die Würde des Amtes angelegt werden. Schnorren? Geschenke annehmen? Nur das zugeben und offenlegen, was schon eh im Raum steht? Vorteile nutzen, die ihm nur angeboten werden und wurden, weil er eben das ist, was er ist bzw. war? Nämlich Ministerpräsident? Und dann zolllt sie ihm auch noch Respekt, weil er seine Meinung, nämlich korrekt gehandelt zu haben, hinter den Dienst am Land zurück stellt. Hmm... Wenn er korrekt gehandelt hat, warum kommt dann eine Sache nach der anderen ans Tageslicht, und keine einzige kann er auch nur ansatzweise aufklären? Und warum bleibt er dann nicht im Amt, wenn er sich so sicher ist? Andererseits ist die Aussage Merkels durchaus auch politisch einzuschätzen: Ein schwacher und möglicherweise unlauter handelnde Bundespräsident stärkt sie und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit ("Guck mal, die Angie, wenigstens die ist ehrlich!"), und dann kann sie es sich durchaus leisten, Wulff zu loben ("Guck mal, die Angie, selbst jetzt ist sie noch nett zu ihm, was für eine liebe Kanzlerin!").

Jetzt bin ich mal gespannt, wer als nächster darf. Lustig fand ich in dem Zusammenhang wieder die Kanzlerin, die meinte, sie werde sich in der Regierungskoalition besprechen und dann auf SPD und Grüne zugehen. Also selbst in diesem Zusammenhang bleiben die Linken außen vor (Dabei hatten die doch auch so schöne Kandidaten auf Lager...).

1 Kommentar:

RoM hat gesagt…

Der Dank an den Ex-Präsi ist handelsüblicher Polit-Sprech. Worthülsen, deren Bedeutung verwehen bevor sie noch die Lippen verlaßen. Die Kanzlerin ist ebenso routiniert darin, ihre Worte im eigenen Mund zu drehen. Das Fähnlein steht im Wind. Ihre Popularität kann einem ein Rätsel bleiben.