Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Zeitungsredaktionen - vor allem in Tageszeitungen - ihre Irrtümer und Fehler, die sie aus welchen Gründen auch immer gemacht haben, eher widerstrebend und nur unter Protest berichtigen. Zahlendreher oder Schreibfehler werden lapidar korrigiert, falsche Bildunterschriften irgendwann mit einem flapsigen Spruch klargestellt. Dass der entsprechende Redakteur einen eigenen Fehler tatsächlich zugibt oder sich gar dafür entschuldigt, das geschieht sehr selten - meistens wird die Berichtigung so geschrieben, dass man den Eindruck gewinnt, den Irrtum hätte ein anderer begangen. Ich kenne sogar Vertreter der Zunft, die regelrecht ausfallend werden, wenn man sie auf so etwas aufmerksam macht, nach dem Motto "Was erdreistet Er sich, mit Seiner beschränkten Sicht der Dinge unsere göttliche Weisheit und Unergründlichkeit in Frage zu stellen?"
Nun ist das verständlich: Wer gibt schon gerne einen Fehler zu? Dazu kommt ja noch, dass Zeitungen sich ja als Wächter und Kontrolleure verstehen, was bedeutet, dass sie speziell in Deutschland weniger als Berichterstatter statt vielmehr als Kommentatoren, Kritiker, Aufdecker und Mitgestalter verstehen. Doch wie heißt es so schön: Wer bewacht die Wächter? Tatsächlich können Journalisten, wenn sie ihren Job verstehen, sich fast alles erlauben, ohne irgendwelche Sanktionen zu befürchten, weil das deutsche Recht aus gutem Grund die Medien einer staatlichen Kontrolle weitgehend entzogen hat. Solche Macht inklusive eines Informationsmonopols - seien wir doch mal ehrlich: Wer bestimmt denn, was wir erfahren? Die Politik? Wir selber? Oder die Medien? - färbt natürlich irgendwann ab. Und schnell hält man sich für unfehlbar und bedeutender und wichtiger als die Sache oder die Menschen, über die man schreibt. Ergo kann man Fehler allein schon deswegen nicht zugeben, weil man dann zugeben würde, nicht besser zu sein als das Thema und Leute, über die berichtet wird.
Doch heute habe ich im Berliner Tagesspiegel ein Beispiel erlebt, wie es anders geht. Vor einigen Tagen brachte der Tagesspiegel einen Bericht über den ehemaligen Brandenburger Justizminister Speer, in dem es unter anderem hieß, es sein nicht geklärt, ob er bestimmte Angaben zu seinen Einkünften gemacht hat. Nun ist Speer da nicht zimperlich und antwortete umgehend mit einer der wenigen Waffen, die man gegen die Zeitungen hat: Einer Gegendarstellung. Wenn man weiß, wie das geht, kriegt man die recht schnell durch, und Speers Anwalt weiß, wie es geht - soll heißen, der Tagesspiegel hat sie gedruckt.
Normalerweise machen die Zeitungen - zumal Tageszeitungen - dann folgendes: Unter diese Gegendarstellung werden dann Sätze wie "Wir sind zum Abdruck per Gesetz verpflichtet..." oder "Wir bleiben bei unserer Darstellung..." oder so. Nicht so der Tagesspiegel heute. Unter Speers Gegendarstellung, in der stand, er habe immer alle Angaben dazu richtig gemacht, druckte die Redaktion nur einen Satz: "Herr Speer hat Recht."
Ich finde, dieses ehrliche Eingeständnis eines Irrtums steht dem Tagesspiegel gut und könnte anderen als Beispiel dienen.
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