Donnerstag, 12. Januar 2012

Wirklich intelligente Science Fiction

Dieser Tage habe ich mal wieder zu zu einem Buch gegriffen, das ich schon in meiner Jugend oft und gerne gelesen habe. Schnell stellte sich auch das alte Gefühl wieder ein - und noch mehr. Je öfter ich Lem lese, umso mehr bemerke ich, was für ein fantastischer Schriftsteller er war, wie gut er schreiben konnte und wie durchdacht seine Geschichten waren. Action sucht man zwar meist vergebens, dafür aber sehr hintersinnige Geschichten, die wirklich zum Nachdenken anregen.

Das Buch aus dem Verlag Volk und Wissen, das ich besitze, ist nun schon ziemlich alt und zerfleddert. Es muss irgendwann zwischen 1980 und 1982 hergestellt worden sein, und schon mein Vater hat es vor mir regelmäßig geschmökert. Aufgrund des Alters, der Tatsache, dass es ein Paperback ist - und die wurden in der DDR bestimmt nicht stabiler hergestellt als im Westen - und weil ich es immer und immer wieder in der Hand hatte, ist es heute... sagen wir mal, etwas instabil. Oder anders ausgedrückt: Es beginnt langsam auseinander zu fallen. Ich muss also beim Lesen mittlerweile recht vorsichtig sein - weniger, damit sich nicht noch mehr Seiten lösen, sondern damit sie mir nicht abhanden kommen.

Abgesehen davon war es wieder ein echtes Vergnügen, vorausgesetzt, man mag Science Fiction mit starkem philosophischen Anschlag und hintersinnigen Gedanken. Immer wieder findet sich der Gedanke wieder, wie der Mensch mit einer allgegenwärtigen und immer mehr Einfluss gewinnenden Technik umgeht, ob und wie er sich ihr ausliefert, in welche Gefahren er dabei kommt und wie ungewöhnlich die Wege manchmal sind, um ihnen zu entgehen. Gerade dieses Buch bietet dabei zwei wunderbare Geschichten. In einer droht dem Piloten der Rakete der Tod wegen eines alten Bildschirmes; seine eigene Rettung hat etwas damit zu tun, dass er sich selbst einen Zahn ausschlägt (sic!). In einer anderen besiegt der gleiche Pilot einen recht anmaßenden Roboter, indem er wegen seiner eigenen Unzulänglichkeit einfach nichts tut und allein dadurch den perfiden Plan des Roboters durchkreuzt.

So kurz gesagt klingt das natürlich ziemlich verrückt. Ist aber in Gesamtheit sehr intelligent geschrieben, wenngleich überhaupt nichts für Leute, die auf krachende Space Operas und dergleichen mehr stehen. Und auch sonst ist Lem mitunter nicht einfach zu lesen. Wo sonst findet man schon Textabsätze, die über eineinhalb bis zwei Seiten gehen? Hier schon, in einer seiner durchdachtesten Geschichten: "Ananke".

Das ist jetzt vielleicht beim Erklären etwas schwer, also sollte man das mal gelesen, um es zu verstehen. In der Geschichte geht es wieder um den Piloten Pirx, eine immer wieder kehrende Figur bei Lem, der auf dem Mars rumhängt, über die Marskanäle sinniert, wieso er selber - obwohl er weiß, dass es sie nicht gibt - an sie glaubt, über diesen Weg zu zwanghaftem Verhalten kommt, sich an einen anderen Zwangsneurotiker erinnert und auf diese Weise den Absturz eines Raumschiffs auf dem Mars aufklären und daher zwei andere retten kann. Klingt verrückt, ist aber extrem logisch durchdacht, schwer zu lesen, wird aber beim zweiten oder dritten Mal immer interessanter.

Nicht zu vergessen enthält diese Geschichte natürlich auch den vielleicht besten Satz, der je in einem SF-Buch über den Mars gesagt wurde: "Der Mars ist ein Schwein!"

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