Sonntag, 27. November 2011

Chill-Out mit Klassik

Gestern Abend hatten wir so etwas wie eine Büro-Weihnachtsfeier. Die Damen im Büro, die nun mal in der Mehrzahl sind, wollte etwas Kulturelles erleben, und so trafen wir uns zuerst zu einer Kaffeetafel und dann zu einem Klavierkonzert im Schloss Ribbeck.

Dort spielte Friedrich Höricke Werke von Franz Liszt. Letzterer war einer der produktivsten, berühmtesten und umjubeltsten Komponisten und Pianisten des 19. Jahrhunderts, ersterer gilt als einer der bedeutendsten Interpreten der romantischen Klaviermusik und ebenfalls als ein extrem talentierter Pianist. So wurde es mir gesagt und erklärt und so stand es zu lesen, und ich muss es glauben: Weder bin ich kompetent genug, das einzuschätzen zu können, noch maße ich mir allein vom Hören an, ein Urteil zu bilden. Es muss aber wahr sein: Ein Bekannter von mir, den ich zufällig dort traf und von dem ich weiß, dass er Höricke persönlich nicht mag und Ahnung von Klassik hat, drehte sich einmal zu mir um und sagte anerkennend: "Das ist ein sauschweres Stück, und er spielt es Klasse!" Ich scheine also tatsächlich ein beeindruckendes Konzert der Extraklasse miterlebt zu haben.

Klassik ist nicht wirklich mein Musikstil. Der Nachmittag gestern hat mir auch wieder einmal gezeigt, warum. Man kann bei einem solchen Konzert nicht die Teile vorspulen, die einem nicht gefallen, man muss es von vorne bis hinten durchstehen. Dazu kommt - wieder meine Meinung - dass mir ein durchgängiger Stil fehlt. Die wenigsten Musikstücke hatten Melodien, die wiederholt zu hören waren, es kam immer wieder was Neues. Das mag nicht schlecht sein, aber für mich ist das Problem, dass ich mal Teile hörte, die mir richtig gut gefielen, direkt gefolgt von Teilen, bei denen ich abschaltete. Dazu kam natürlich noch, dass wir Kunstbanausen überhaupt nichts von den Stücken wussten und daher immer zu den Nachbarn gucken mussten: Klatschen sie jetzt? Oder ist das Stück noch nicht vorbei?

Doch eines fand ich faszinierend: Diese zwei Stunden Liszt haben mich runtergeholt. Ich fühlte mich ruhiger, gelassener und entspannter. Klassik, vor allem im Konzert, ist nichts für schnelle und eilige Leute, die Zeit muss man sich nehmen. Und zwei Stunden lang wirklich melodische Sachen zu hören, das hatte auf mich eine beruhigende Wirkung. Sicher, ich habe nicht permanent mit Inbrunst gelauscht, sondern manchmal meine Gedanken einfach schweifen lassen. Einkaufszettel in Gedanken aufgestellt, über Bücher nachgedacht, einige Ideen, die mir so im Kopf umherschwirren, vertieft... ich hatte einfach die Zeit und die Muße es zu tun, und irgendwie half die Musik dabei.

Ganz ehrlich: Die Zeit ist so schnell und hektisch und rasant geworden - ich habe die zwei Stunden einfach sitzen und hören genossen.

3 Kommentare:

RoM hat gesagt…

Musik ist für mich ein wichtiger Bestandteil. Fanische Arbeit findet nie ohne statt, wobei die Musikauswahl sich am Thema orientiert. Singer/Songwriter, Classic-Rock, Punk, Pop und zwangsläufig jede Menge Filmmusik. Damit dringe ich in die Textarbeit ein. Wo andere ein Konzert besuchen, erfreue ich mich im Kinosaal an genialen Scores. Thomas Newman, Rachel Portman, oder Zbigniev Preisner. In einem Konzert war ich noch nie, allerdings in einer (!) Operette (voller amüsanter Anekdoten). Im Augenblick dreht sich Dame Kate auf dem Teller.

Pieter hat gesagt…

Klassik ist für gebildete Menschen natürlich. Wir können darauf verzichten, unsere Konzerte von Proleten und ihren Büro-"Damen" stören zu lassen! Sollen diese doch lieber ihr Schlagerradio hören.

Unknown hat gesagt…

Der Wortwahl und dem Kontext des vorherigen Kommentars entnehme ich, dass ich ein ungebildeter Prolet bin, der in klassischen Konzerten nichts zu suchen hat. Da ich aber weiß, was Prolet bedeutet, und ich mich auch nicht für ungebildet halte, beleidigt mich das nicht wirklich. Eher noch die abfällige Bemerkung über meine Kolleginnen, die offensichtlich im kleinen Finger mehr Anstand und Toleranz haben als der Kommentarschreiber im ganzen Leibe (zumal es mir schleierhaft ist, woher der "Herr" Pieter zu seinem Schluss über Leute kommt, die er nicht mal kennt). Aber es ist ja immer leicht, im Schutz der Anonymität im Blog eines anderen eine große Klappe zu haben. Das spricht nicht für Bildung, sondern für einen limitierten Intellekt gepaart mit einem eklatanten Mangel an Höflichkeit. Vor allem letzteres ist eines erwachsenen Menschen unwürdig und zeugt von mangelnder Erziehung.