Dienstag, 22. November 2011
"Nur für Erwachsene..."
Ich habe einen Lieblings-Radiosender: "Radio eins" vom RBB. Der Sender bietet mir genau das, was ich im Radio hören will: Gute Musik, gute Moderatoren, viele Informationen, viel Spaß. Die Zielgruppe von Radio ist klar definiert. Sie geht irgendwo jenseits der 20 los und endet bei den Leuten, die sich noch nicht alt fühlen. Britney Spears, Justin Bieber oder Sarah Connor wird man daher hier eher selten hören, dafür aber zum Beispiel Pearl Jam, The Clash, die Rolling Stones, aber auch Arcade Fire, Richard Ashcroft, Pink Floyd, Brian Eno, Massive Attack, Gorillaz oder Amy Winehouse. Kurz gesagt: Gute Musik, die es länger als zehn Minuten beim Publikum schafft. Konsequenterweise heißt der Slogan des Senders daher auch "Nur für Erwachsene".
Auch die Moderatoren und ihre Sendungen sind Spitze. Zum Beispiel mein Favorit Volker Wieprecht (der leider nicht mehr mit Robert Skuppin zusammen moderiert, weil letzterer die Leitung des Senders übernommen hat). Der - respektive früher die beiden - ist einfach nur Spitze. Witzig, ohne gekünstelt zu wirken - ich habe es schon ein paar Mal erlebt, dass er bzw. die beiden eine Moderationen wegen eines Lachkrampfes abbrechen musste. Eben gerade bezeichnete er Neonazis ganz nebenbei als "Dummmenschen mit schlechter Frisur" und kündigte ein Coldplay-Konzert kurz vor Weihnachten als Mischung aus "Oktoberfestabschied, Almabtrieb, Weihnachtsfeier und Gang-Bang" an. Und auf ewig unvergessen wird mir der Moment bleiben, als Wieprecht und Skuppin in der Adventszeit einmal ein Weihnachtslied ankündigten - und anschließend lief AC-DC's "Thunderstruck" bis zum letzten Takt!
Aber auch so hat "Radio eins" einiges zu bieten. Es gibt eine Sendung, die "Die Sonntagsfahrer" heißt und bei der ein Auto-Freak und eine Frau (!) gemeinsam moderieren. Höhepunkt sind die Radioferndiagnosen - ich habe noch nie (!) erlebt, dass Keßler einmal nichts zu einem Auto und dessen Macke sagen konnte. Gastmoderator ist auch Mark Benecke, der sogar schon mal bei Symposien in Las Vegas den Saal verließ, um mit Radio eins zu telefonieren. Es gibt einen Musikprofessor, der berühmte Rock- und Pop-Songs seziert und dabei so viel Spaß hat, dass sich diese Begeisterung beim Hören überträgt.
Fantastisch sind auch die Gewinnspiele. Es gab schon Tickets für den New-York-Marathon zu gewinnen (Bedingung: Man musste mitlaufen) oder eine ledergebundene "Herr der Ringe"-Ausgabe im Wert von mehreren tausend Euro zu gewinnen. Kürzlich wurden VIP-Backstage-Tickets verlost - und zwar für alle (!) Konzerte im folgenden Monat, die "Radio eins" in Berlin präsentierte (und das waren weder wenige noch solche von Pille-Palle-Künstlern...). Zuhörer haben aber auch begeistert mitgemacht, wenn es nur einen Kasten Mineralwasser gab! Und immer wieder Klasse finde ich das Gewinnspiel "Die volle Packung", bei der der Sieger ein komplettes Kultur- und Unterhaltungsprogramm nonstop von Freitag Abend bis Sonntag Nachmittag ohne Pause gewinnen kann. Der Witz hierbei: Das Gewinnspiel findet Freitag Nachmittag statt, und der Gewinner muss de facto zwei Stunden später los - und er muss ein "Gelübde der sexuellen Enthaltsamkeit" ablegen! Die meisten halten sich schon aus Erschöpfung dran...
Ganz toll sind aber auch die Informationen. "Radio eins" ist bereits mehrfach ausgezeichnet worden als ein Radiosender, dessen informativen Beiträge überdurchschnittlich lang sind. Telefoninterviews von vier oder fünf oder mehr Minuten sind normal und kommen oft vor. Das wird von den Befragten auch angenommen. Ich habe es bei anderen Sendern jedenfalls selten erlebt, dass Landes- oder Bundespolitiker morgens um sieben Uhr für ein Live(!)-Interview zur Verfügung stehen - hier ist das die Regel! Dass die Beiträge gut recherchiert sind, versteht sich von selbst.
Und doch... Und doch habe ich auch meine tragischen Momente mit "Radio eins". Zum einen interessiert sich die Redaktion eher selten für das Geschehen weiter als 50 Kilometer von Berlin und Potsdam entfernt. Das ist schade. Noch schlimmer finde ich aber, dass ich "Radio eins", obwohl im Verbund des RBB, also "Rundfunk Berlin-Brandenburg", in meiner Ecke nur schlecht empfangen kann! Hier haben die irgendwie ein Funkloch, und wenn das Wetter wie heute etwas neblig und diesig ist, sind die im Auto kaum zu verstehen.
Und auch wenn die das in Potsdam nicht wahr haben wollen: Wir sind auch noch Brandenburg!
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