Wie wohl die meisten Menschen nutze ich Zeitungen zum Informationserwerb. Die Anforderungen, die ich an das Medium stelle, sind dabei recht einfach: Die Informationen sollen stimmen, und sie sollen glaubwürdig sein. Das bedingt für mich zwangsläufig, dass derjenige, der bei der Zeitung schreibt, davon Ahnung hat, wovon er schreibt.
Nun erlebe ich aber bei einer lokalen Wochenzeitung hier in der Region immer wieder, dass es auch anders geht, soll heißen, dass der Redakteur sich bemüßigt fühlt, von Themen zu schreiben, von denen er keine Ahnung, aber zu denen er eine Meinung hat (die nicht immer stimmen muss). Das an sich wäre nicht schlimm, das Recht hat jeder Zeitungsschreiber zum Beispiel in einem Kommentar oder in einer Glosse. Besagter Redakteur macht das aber in seinen "informativen" Artikeln.
So will ich ihm zum Beispiel nicht das Recht absprechen, in einer Zeitung, die sich eigentlich der lokalen Berichterstattung verschrieben hat, über die Debatten zum Euro-Rettungsfonds zu schreiben. Hilfreich wäre es in dem Zusammenhang natürlich, wenn er davon Ahnung hätte. Hat er aber nicht. Trotzdem schreibt er, wie schlecht das alles ist und dass der Euro Mist ist und so weiter. Nun gut, muss er wissen...
Dieses Wochenende wurde es aber peinlich. Die bundesweiten Debatten zum Thema Datenschutz zum Beispiel bei Facebook nutzte besagter Redakteur wieder für einen Artikel, in denen er seine Meinungen zum Thema kund tat. Er nennt diese Sozialen Netzwerke "Datenkraken", attestiert ihnen Datenhunger und so weiter. Zwar hat er wenigstens einen lokalen Bezug herstellen können, der sich allerdings bei genauem Überlegen als ein wenig konstruiert erweist: Er zitiert einen Fall aus einer Schule mit Viertklässlern und lässt dann Schulleiter von weiterführenden Schulen zu Wort kommen, die erklären, was an ihren Schulen gegen solche Fälle unternommen wird. Klingt erst mal gut. Aber: In welche Schule gehen die Viertklässler? Nicht in den zitierten, das ist schon mal klar. Das erfährt niemand... (Ich will nicht böse sein, aber möglicherweise hat sich der zitierte Fall überhaupt nicht hier ereignet, vielleicht sogar gar nicht...)
Peinlich ist aber für mich vor allem folgendes. Zum einen finde ich es schon etwas eigenartig, wenn ein Zeitungsredakteur "Datenkraken" kritisiert, zu anderen Gelegenheiten aber vehement darauf drängt, dass Behörden ihm Informationen (also Daten) zukommen lassen müssen. (Haarspalterisch könnte man also sagen, auch er ist eine Datenkrake, die Daten sammelt...) Und dann wie gesagt: Der Redakteur schimpft auf Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, ihre Datensammelwut und so weiter und prangert, wie das viele andere auch tun, zum Beispiel den "I Like"-Button an. Und nun wurde ich ein wenig nachdenklich und öffnete die Internetseite der Zeitung. Richtig gedacht: Ganz oben finde ich Links auf das "Facebook"- und Twitter-Profil der Zeitung. Und ganz oben bei der Facebook-Seite leuchtet mir der "I Like"-Button entgegen.
Ganz ehrlich: Das ist für mich ungefähr so glaubwürdig, als wenn Michael Schumacher bei Kampagnen gegen überhöhte Geschwindigkeit mitmacht oder Winston Churchill gegen die Gefahren des Rauchens wirbt. Auf Facebook schimpfen und bei Facebook sein... also wirklich!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen