Ich habe mich durch meine wöchentlichen Fahrten zu meiner Weiterbildung schon ganz gut an die Benutzung von Bussen und Bahnen gewöhnt. Es gibt aber Dinge dabei, die verstehe ich einfach nicht. Und an allererster Stelle ist es das Fahrkartensystem hier in der Gegend. Ich halte mich eigentlich für einen recht intelligenten Menschen. Aber wenn es um Fahrkarten für Busse und Bahnen hier in der Gegend geht, da versagt mein logisch denkender Menschenverstand.
Zum Beispiel dieses Problem: Wo kriege ich eine Fahrkarte her? Auf dem Bahnhof, auf dem ich morgens immer einsteige, gibt es keinen Schalter und auch keinen Automaten. Zunächst habe ich meine Fahrkarte einen oder zwei Tage vorher in einem anderen Ort geholt, wo es einen Schalter am Bahnhof gibt. Beim Schaffner im Zug durfte ich mir dann regelmäßig den – wenn auch höflich vorgebrachten – Satz anhören: „Aber die können Sie doch auch bei mir kaufen!“ Also machte ich das dann irgendwann, und bekam fortan oft den – und speziell von der einen Schaffnerin nicht mehr ganz so höflich geäußerten – Satz zu hören: „Haben Sie’s nicht passend?“ Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die Karte, die ich regelmäßig kaufe, exakt 16.00 Euro kostet – bei 13.67 Euro würde ich den Einwand ja sogar noch verstehen.
Aber wenigstens kann ich die Karte noch problemlos im Zug kaufen. Ende letzten Jahres wurden die Bedingungen verschärft. Seitdem darf man eine Fahrkarte höchstens im Zug kaufen, wenn auf dem Bahnhof kein Schalter oder Automat ist. Das ist bei den meisten, ach, was sage ich, fast allen Bahnhöfen hier zwar der Fall, trotzdem maulen die Schaffner und drohen mit Strafgeld. Vor allem dann, wenn man sich nicht sofort nach dem Einsteigen – so wie es in den Bedingungen verlangt ist – schnurstracks zu ihnen hin bewegt. Und das ist am frühen Morgen im Berufsverkehr bei einem Doppelstockzug mit vier oder fünf Waggons nicht gerade sehr spaßig.
In meinem Zug, den ich morgens immer als erstes nehme, wird das anders gehandhabt. Auf der Strecke gibt’s nur an den Start- und Endbahnhöfen Schalter oder Automaten, dazwischen ist nichts. Und weil der Zug außerdem von einem privaten Anbieter betrieben wird und nicht von der Deutschen Bahn, nehmen’s die Schaffner nicht ganz so genau mit der Regel: „Kauf die Karte vor Fahrtantritt.“ Nachlösen im Zug ist an der Tagesordnung und geht auch ganz einfach, weil es ein kleiner Triebwagen ist. Man muss sich aber die Schaffner merken. Denn während dich die einen ganz erstaunt angucken, wenn man vor ihnen steht, und dann bemerken: „Nehmen Sie doch Platz, ich komme gleich zu Ihnen!“, werden die anderen pampig, wenn man nicht SOFORT bei ihnen erscheint… Also aufpassen, welcher Schaffner gerade Dienst hat.
Dem Ganzen kann man natürlich entgehen, wenn man sich die Karte vorher kauft, sei es am Schalter oder am Automaten. Da gibt es aber noch ein Problem, und das ist der Tarif. An sich ist der hier in der Ecke nämlich toll. Es gibt hier einen Verkehrsverbund, der Berlin und Brandenburg einschließt. Man muss also nur eine Karte kaufen und kann dann fahren wo und wohin man will. Vorausgesetzt, man weiß, welchen Tarif man braucht. Und den herauszufinden ist alles andere als einfach.
Nehmen wir zum Beispiel mal meine wöchentlichen Fahrten nach Potsdam. Ich fahre dort auch Straßenbahn und habe demzufolge herausbekommen, dass ich eine Tageskarte brauche, um hin, dort hin und her und danach wieder zurück zu kommen. Auf meiner Tageskarte stehen Start- und Zielbahnhof sowie Tageskarte, was für mich alles logisch ist. Der Preis ergibt sich dann aus der Entfernung zwischen Start und Ziel in Kilometern. Soweit ist alles klar, oder?
Gut, dann machen wir das ganze Mal als Wochenkarte oder, wie es hier heißt „7-Tagekarte – Umweltkarte“. Auf dieser Wochenkarte stehen nicht Start- und Zielort drauf, sondern Landkreise… Auf einmal geht es nämlich bei der Berechnung des Fahrpreises nicht mehr um die Entfernung zwischen Start und Ziel, sondern um die Landkreise, die durchfahren werden. Warum man bei Wochen- oder Monatskarten auf einmal so rechnet, ist mir schleierhaft…
Um die Verwirrung zu vervollständigen: Weil mich interessierte, was diese Wochenkarte kostet, habe ich mich vorher im Internet auf der Seite des Verkehrsverbundes informiert. Ich habe dort eine ganze Weile gesucht, bis ich eine einfache Suchmaske gefunden habe. Zuvor klickte ich mich durch kryptische Tabellen und Listen, wo man aus dem Scrollen nicht mehr heraus kam, ich aber trotzdem nicht schlauer wurde. Die Suchmaske, der so genannte „Tarifberater“, war dagegen, nachdem ich ihn endlich fand, recht einfach zu bedienen. Einfach Start und Ziel eingeben, wann und wie oft man fahren will anklicken, und Suche starten. Das gefiel mir.
Was mir nicht gefiel, war die Tatsache, dass mir der Berater bei dieser einen (!) Anfrage drei (!) unterschiedliche Preise nannte. Inzwischen glaube ich zu wissen warum – aber sicher bin ich mir nicht. Unnötig zu erwähnen, dass es letztlich für mich wirklich die teuerste aller drei Wochenkarten war... Übrigens ist das Lustigste an diesem Tarifberater, dass man, wenn man den Link anklickt, zuerst auf eine Seite kommt, wo einem ein großes Bild zeigt, wie er aussieht. Man muss dann noch einen zweiten Link klicken, bevor man ihn auch wirklich erreicht. Bis man den gefunden hat, hat man garantiert intensiv – und vergeblich – versucht, die Eingabefelder in dem Bild durch Anklicken zu aktivieren. Und dieser zweite Link verbirgt sich übrigens NICHT in dem Bild, wie ein einfach denkender Mensch als erstes vermuten würde.
Bei all dem habe ich mich schon mehr als einmal gefragt: Wenn ich schon Schwierigkeiten habe, dieses Wirrwarr zu durchschauen und es nicht immer schaffe, selbst wenn ich Ruhe habe – wie soll es dann ein Mütterchen, das so etwas zum ersten Mal tut, an einem der Fahrkartenautomaten schaffen, wenn dahinter schon trampelnde Berufspendler stehen?
1 Kommentar:
Das ganze System krankt an der geheiligten Ergebnisoptimierungs-Neurose der Wirtschaftsgurus. Nicht der Kunde, oder der Mitarbeiter zählt. Einzig eine (oft theoretische) Zahl unter dem Strich.
So besehen wäre der optimale Vampir-Effekt erreicht, wenn Du Deinen Transport selber erledigst, dem Unternehmen aber Deinen Obulus entrichtest.
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