Led Zeppelin. |
Einer der für mich großartigsten Rocksongs aller Zeiten ist „Kashmir“ von Led Zeppelin. Ich könnte nicht einmal genau sagen, woran das liegt. Vielleicht diese verführerische Mischung aus kraftvollem Rock-Sound, der sehnsuchtsvolle Gesang von Robert Plant und eine fast hypnotisch anmutende Melodie-Entwicklung über den gesamten Song hinweg… „Kashmir“ kann ich mir – praktisch einzigartig für einen Song mit einem derart fesselndem Riff – immer und immer wieder mit geschlossenen Augen anhören und mich ganz in ihm verlieren, ohne dass er mir trotz seiner Länge von mehr als acht Minuten jemals langweilig wird.
„Kashmir“ ist der definitive Led-Zeppelin-Song überhaupt. Das ist keine Einschätzung von mir, sondern die Meinung von Robert Plant, Sänger von Led Zeppelin. Er und seine Kollegen Jimmy Page, John Paul Jones und John Bonham halten (bzw. im Fall von Bonham hielten) den Song für die größte musikalische Leistung der Band. Es war ein absolutes Teamwork: Page und Bonham feilten ausführlich am markanten Riff, Jones fügte – interessanterweise erst Monate später –Keyboard hinzu und arrangierte die Streicher- und Hornisten-Parts, Plant schrieb einen Text, der seine überwältigende Erfahrung mitten in der Einsamkeit einer endlos erscheinenden Wüste verarbeitete. Das Ergebnis ist ein zeitloser Rocksong, an dem sich nachfolgende Musikergenerationen abarbeiten können.
Dummerweise tun sie das auch. Man nennt das covern. Und auch wenn ich eigentlich dagegen nichts habe – es gibt sogar Cover-Songs, die gefallen mir deutlich besser als das Original - , zeigt der Umgang mit „Kashmir“ in einem speziellen Fall deutlich das auf, was mir dabei häufig gegen den Strich geht. Dass nämlich der Originalkünstler, der das Werk ursprünglich geschaffen hat, dafür nicht die Anerkennung erhält, die er verdient. Damit meine ich nicht mal unbedingt den finanziellen Aspekt, wobei der sicherlich auch eine Rolle spielt (aber da sorgen ja schon hinterfotzige Anwälte dafür, dass dieser Punkt nicht außer Acht gelassen wird).
Ich meine viel mehr, dass sich derjenige, der covert, mit fremden Federn schmückt. Die wahre kreative Leistung wird nicht erkannt oder fehlinterpretiert. Und „Kashmir“ ist für mich ein sehr gutes Beispiel dafür.
1998 veröffentlichte Sean Combs, der seinerzeit noch unter dem Label Puff Daddy die Musikszene unsicher machte, zum Soundtrack des Filmes „Godzilla“ ein Stück namens „Come with me“. Er bediente sich dabei des Led-Zeppelin-Klassikers, der 23 Jahre vorher veröffentlicht wurde. Wobei bedienen das falsche Wort ist. „Come with me“ ist, wenn man es genau betrachtet, eine Kurzversion von „Kashmir“, mit einem wummernden Beat unterlegt und einem neuen darüber gerülpsten Rap-Text, der es nicht besser macht. Wenigstens holte sich Combs vorher die Erlaubnis der Led-Zeppelin-Musiker; Jimmy Page spielte sogar die Gitarre neu ein. Das Endergebnis firmierte dann unter der Künstlerbezeichnung „Puff Daddy feat. Jimmy Page“.
Jetzt kann man natürlich einwenden, dass Page immerhin genannt wurde. Trotzdem halte ich das Ganze für einen fürchterlichen Etikettenschwindel. Der unbedarfte MTV-Konsument der Jahrtausendwende, der erst lange nach den goldenen 70ern und ihrer legendären Rockmusik geboren wurde, gewann nämlich meiner Meinung nach den Eindruck, das „Puff Daddy“ ein tolles Lied geschrieben hat und ein gewisser Jimmy Page – dem Video nach zu urteilen ein oller Rockopa – dabei Gitarre spielen durfte. Wenn besagter Konsument dann nicht ein wenig tiefer forschte, wird er die Wahrheit wohl nie erkannt haben: Dass nämlich ein Rapper sich von vorn bis hinten eines legendären Musikstückes bediente, einen lyrischen Text durch Rap-Textbrocken ersetzte und so – ohne echte musikalische Leistung – einen Hit landete, den er streng genommen ganz anderen verdankt.
Deswegen bleibe ich bei „Kashmir“ und höre mir die Rap-Verhunze nicht an. Und wer immer „Come with me“ mal hört und dann mit dem Original vergleicht, der möge mir bitte noch mal ganz ehrlich sagen, welches Stück denn das bessere ist und ob Mr. Sean Combs wirklich das Recht hat, sich daran irgendeinen künstlerischen Credit anzueignen…
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