Die Woche, die eigentlich gut anfing, endete alles andere als gut. Jedenfalls erschien es mir so. Es dauert auf Arbeit manchmal nur zehn Minuten, und alles Hochgefühl ist verschwunden. Bei mir waren es gestern fünf Minuten, und alles Gute war vorbei. Ich will niemanden mit meinen weltbewegenden, grundfestenerschütternden Schwierigkeiten behelligen, aber mir hat es gestern gereicht, und heute im Prinzip auch noch, und sicherlich wird es in der kommenden Woche auch noch so sein.
Oder vielleicht auch nicht. Denn seit fünf Minuten weiß ich wieder, dass meine Probleme ein Fliegenschiss gegen das sind, womit andere sich herumschlagen müssen.
Ich habe in einem Blogger-Chat einen Blogger kennen gelernt. Was heißt kennen gelernt? Man redet sich mit seinem Synonym an, tauscht dumme Sprüche und belanglose Nettigkeiten aus. Man kennt sich nicht wirklich. es gibt kein Gesicht, das man zuordnen kann, keine gemeinsamen Erlebnisse, vielleicht ein paar Interessen, über die man sich austauscht, aber der Kontakt ist so flüchtig wie nur irgendwas im World Wide Web.
Aber dieser Blogger stellte auf einmal eine Frage: Ob er bestimmte Erlebnisse, die er in seinem Blog niederschrieb zusammen fassen und eventuell als Buch veröffentlichen sollte. Das war gestern. Gestern ging es mir (!) mies, daher vertagte ich das auf heute und las seinen Blog genauer, eben die Einträge, um die es ging.
Ich habe dabei geweint...
Er schreibt über die Erlebnisse mit seiner Tochter, die krank ist. Die Schmerzen und die Sorgen, die das bereitet. Die inneren Qualen, als es darum ging, sie in eine betreute Wohngruppe zu geben. Die Leere, die zurück bleibt, die wenigen Stunden der Freude, wenn sie zu Besuch kommt. Die Freude über jeden Fortschritt, die Angst bei jedem Rückfall...
Warum ich weinte? Weil ich das auch einmal - wenn auch anders - erlebt habe. Ich kenne aus einer leider - wirklich leider - gescheiterten Beziehung die Sorge um ein krankes Kind, die Verzweiflung, weil man nicht weiß, welche Krankheit es ist, den Schmerz, wenn man die Gewissheit hat, dass diese Krankheit nicht geheilt werden kann. Es war nicht mein Kind, aber ich habe es geliebt wie mein eigenes. Es fiel mir auf einmal wieder alles ein - ich hatte es vergessen, verdrängt oder was auch immer. Und das tut mir unendlich leid. Nicht nur deswegen kamen mir die Tränen.
Ich bewundere diesen Blogger für seine Kraft, mit dieser Situation umzugehen. Ich wünsche ihm alles nur erdenkliche Gute.
Und ich weiß wieder: Ich habe keine, überhaupt keine Probleme.
Es geht mir gut. Das darf ich nie wieder vergessen.
5 Kommentare:
"Wir teilen Leben mit Menschen, die wir lieben. Ihr Leid brennt in der Seele, die Sicht auf Hilflosigkeit brennt uns jeden Tag bis zu den Grundmauern nieder. Doch würden wir niemals nie auf die Liebe verzichen wollen. Erhalten wie gegeben."
(F. Claire Serine)
Ich habe ein wenig in meiner Zitate-Sammlung danach suchen müssen...
Ich würde nicht meinen, daß Du Dein Kind verdrängt oder vergessen hast. Du hast ihm einen Platz in Deinem Herz anvertraut. Wie sonst könnte Dich die Erinnerung ergreifen.
Nein, Vergessen & Verdrängen ist das nicht!
Hi Erik,
ich habe gestern mitgekriegt, wie Du zugesagt hast, heute den Blog zu lesen. Gut, ich weiß nicht mehr, mit wem Du da gechattet hast, aber es ist echt tragisch, was Du da berichtest (und ja auch selbst erlebt hast). Meine (Pflege-)Tochter (ich kann keine Kinder zeugen) ist leider mit 19 Jahren bei einem Unfall getötet worden. Aber ich finde es noch schlimmer, zu wissen, dass Dein Kind krank ist und Du nichts tun kannst.
Da wird man ganz demütig. Es geht mir wie Dir: Die eigenen Sorgen fangen an ziemlich zu schrumpfen!
Ich werde für den Betreffenden und sein Kind, für Dich und alle, denen es ähnlich geht, einfach beten.
Hey Erik, das hast Du wunderschön geschrieben. Manchmal wird man sich seines Zustandes & seiner zumeist "kleinen Problemchen" doch wirklich erst bewußt, wenn man über den Tellerrand zu anderen Menschen schaut.
Dem was Du schreibst, ist einfach nichts hinzuzufügen & ich hoffe für Dich, dass Du dieses "Gefühl"- wie gut es Dir/uns/mir geht auch niemals vergisst. Liebe Grüße, der Chris vom Freizeitcafe (Stammleser;-)
genau mein gedanke erik...die problemchen die man selber hat, sind null und nichtig im angesicht solcher gebirge von problemen....
Danke euch allen. Den Zuspruch gebe ich auch an denjenigen weiter, der mich zu diesem Post inspiriert hat.
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